Anfahrschäden am Regal: So dokumentieren Sie richtig & klären die Haftung
Ein Staplerfahrer kollidiert mit einem Regalständer – ein Alltagsszenario in Logistikzentren. Doch was viele nicht wissen: Ohne korrekte Dokumentation drohen Bußgelder, Versicherungsausfall und im schlimmsten Fall persönliche Haftung.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Anfahrschäden sofort richtig bewerten, dokumentieren und welche rechtlichen Konsequenzen drohen.
📊 Anfahrschäden in Zahlen
aller Regalschäden entstehen durch Stapler-Kollisionen
Durchschnittlicher Schaden bei Regaleinsturz mit Warenverlust
Frist, um Anfahrschäden der Versicherung zu melden
🚨Sofortmaßnahmen nach Anfahrschaden: Die ersten 15 Minuten entscheiden
⚠️ Kritisch: Wann muss das Regal SOFORT außer Betrieb?
Nach einem Anfahrschaden haben Sie keine Zeit für langes Überlegen. Prüfen Sie innerhalb von 5 Minuten:
🔴 ROT = Sofort außer Betrieb (Lebensgefahr!)
- • Sichtbare Risse im Ständer oder Träger (auch kleine!)
- • Verformung über 10mm (mit Maßband prüfen)
- • Schweißnähte gerissen oder aufgerissen
- • Ständer kippt oder wackelt (nicht mehr stabil verankert)
- • Träger durchgebogen (sichtbare Absenkung der Palette)
→ Maßnahme: Regal SOFORT entladen, Absperrband anbringen, Lagerleitung + Geschäftsführung informieren, Befähigte Person rufen
🟡 GELB = Zeitnah reparieren (binnen 4 Wochen)
- • Leichte Verformung (unter 10mm)
- • Lackabplatzer mit freiliegendem Metall (Rostgefahr)
- • Verbogene Anfahrschutz-Elemente
- • Gelockerte Schrauben an der Bodenverankerung
→ Maßnahme: Markieren, dokumentieren, Reparatur binnen 4 Wochen beauftragen, wöchentlich kontrollieren
🟢 GRÜN = Beobachten (kosmetisch)
- • Oberflächenkratzer im Lack (Metall nicht freigelegt)
- • Leichte Delle ohne Verformung der Trägerstruktur
- • Anfahrschutz hat Funktion erfüllt (Regal unbeschädigt)
→ Maßnahme: Dokumentieren, bei nächster Prüfung erneut begutachten
✅ Checkliste: Die ersten 15 Minuten nach Anfahrschaden
📸Fotodokumentation: Diese 7 Aufnahmen brauchen Sie
Die Fotodokumentation ist Ihr wichtigster Beweis gegenüber Versicherung, Berufsgenossenschaft und im Haftungsfall. Ohne Fotos: keine Zahlung!
Machen Sie IMMER diese 7 Aufnahmen – auch bei vermeintlich "harmlosen" Kratzern:
Übersichtsaufnahme
Fotografieren Sie das gesamte Regalfeld aus 3-4 Metern Entfernung. Ziel: Man erkennt, um welches Regal es sich handelt.
Schadstelle Detail
Nahaufnahme der beschädigten Stelle (30-50cm Abstand). Ziel: Risse, Verformungen, Lackschäden gut erkennbar.
Seitenansicht
Von der Seite fotografieren, um Verformungen/Ausbuchtungen sichtbar zu machen. Bei geradem Blick oft nicht erkennbar!
Regalnummer
Nahaufnahme des Regalidentifikations-Schildes oder der Regalnummer. Ziel: Eindeutige Zuordnung.
Umgebung
Weitwinkel: Gangbreite, umstehende Regale, Beleuchtungsverhältnisse. Ziel: Haftungsfrage klären (War Gang zu eng?)
Verursacher (Stapler)
Foto des beteiligten Staplers mit Kennzeichen. Bei Mietstapler: auch Mietfirma-Aufkleber fotografieren.
Prüfplakette
Nahaufnahme der aktuellen Prüfplakette. Ziel: Nachweis, dass Regal vor Unfall geprüft und in Ordnung war.
💡 Profi-Tipp: Zeitstempel ist Gold wert
Nutzen Sie eine App oder Software (z.B. RegalScan), die automatisch Datum, Uhrzeit und GPS-Koordinaten in die Fotos einbettet. Das verhindert Manipulation-Vorwürfe.
Smartphone-Fotos allein reichen aus, aber: Aktivieren Sie in den Kamera-Einstellungen "Standort speichern" und "Datum/Uhrzeit anzeigen".
⚖️Haftung: Wer zahlt den Schaden?
Die 3 Haftungsstufen bei Anfahrschäden
1. Leichte Fahrlässigkeit (häufigster Fall)
Beispiel: Staplerfahrer übersieht in hektischer Situation einen Regalständer, weil das Lager schlecht beleuchtet ist oder der Gang zu eng ist.
→ Haftung:
Arbeitgeber zahlt zu 100% (Betriebsrisiko). Staplerfahrer haftet NICHT. Versicherung (Betriebshaftpflicht) übernimmt.
2. Mittlere Fahrlässigkeit
Beispiel: Fahrer fährt zu schnell, obwohl Tempolimit (10 km/h) im Lager klar ausgeschildert ist. Oder: Fahrer ist abgelenkt durch Smartphone.
→ Haftung:
Anteilige Haftung (z.B. 50:50 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer). Arbeitgeber kann bis zu 50% vom Nettogehalt des Fahrers einbehalten (über mehrere Monate verteilt).
3. Grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz
Beispiel: Fahrer ist betrunken (Alkohol oder Drogen). Oder: Fahrer rammt Regal absichtlich nach Streit mit Vorgesetztem.
→ Haftung:
Arbeitnehmer haftet zu 100%. Zusätzlich: Fristlose Kündigung + Strafanzeige möglich. Versicherung zahlt NICHT (Vorsatz ausgeschlossen).
Sonderfall: Betreiber haftet gegenüber Versicherung
Auch wenn der Staplerfahrer nicht haftet, können Sie als Betreiber trotzdem Probleme bekommen:
- 📌 Fall 1: Fehlende Regalprüfung
Wenn das beschädigte Regal seit 18 Monaten nicht mehr geprüft wurde, verweigert die Versicherung oft die Zahlung (Obliegenheitspflichtverletzung §28 VVG). - 📌 Fall 2: Bekannte Vorschäden nicht repariert
Sie wussten, dass der Ständer bereits vorgeschädigt war (GELB-Mangel), haben aber nicht repariert? Versicherung zahlt nur teilweise oder gar nicht. - 📌 Fall 3: Fehlende Anfahrschutz-Elemente
DGUV schreibt Anfahrschutz bei Staplerbetrieb vor. Wenn nicht vorhanden: Mitschuld des Betreibers (30-50%).
⚠️ Persönliche Haftung Geschäftsführung
Als Geschäftsführer oder Betriebsverantwortlicher haften Sie persönlich, wenn:
- • Sie die Regalprüfung seit Jahren nicht durchgeführt haben
- • Bekannte kritische Schäden (ROT) ignoriert wurden
- • Staplerfahrer nicht ausreichend geschult wurden
- • Anfahrschutz fehlt, obwohl Sie darauf hingewiesen wurden
→ Bei Personenschäden (Verletzung/Tod): Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung/Tötung möglich!
🏢Versicherung melden: Diese Fristen müssen Sie einhalten
⏰ Kritisch: 48-Stunden-Frist!
Die meisten Betriebshaftpflicht-Versicherungen fordern eine Schadenmeldung innerhalb von 48 Stunden (2 Werktage).
Melden Sie später? Versicherung kann Zahlung verweigern oder kürzen. Auch bei "kleinen" Schäden (unter €1.000) melden – Sie wissen nicht, ob später weitere Folgeschäden auftauchen!
📋 Checkliste: Versicherungsmeldung vorbereiten
💡 Profi-Tipp: Melden Sie auch "Bagatellschäden"
Viele Betriebe melden nur Schäden über €5.000, um die Versicherungsprämie nicht zu belasten. Das ist riskant!
Beispiel: Ein "harmloser" Kratzer am Ständer wird nicht gemeldet. 6 Monate später stürzt das Regal ein (€85.000 Schaden). Die Versicherung findet heraus, dass der Schaden schon länger existierte → Zahlung verweigert.
→ Besser: Jeden Anfahrschaden melden, aber vorab mit Versicherung klären, ob Kleinschäden (unter €1.000) prämienwirksam sind.
🛡️Prävention: So vermeiden Sie Anfahrschäden
🚧Technische Maßnahmen
- • Anfahrschutz installieren (U-Profile, Rammschutz-Pfosten) – Pflicht bei Staplerbetrieb!
- • Kontrastmarkierungen anbringen (gelb-schwarze Streifen an Ständern)
- • LED-Beleuchtung in kritischen Gängen verbessern
- • Gangbreite prüfen: Mind. 30cm Sicherheitsabstand Stapler ↔ Regal
- • Bodenschwellen vor kritischen Bereichen (erzwingen langsameres Fahren)
👨🏫Organisatorische Maßnahmen
- • Staplerfahrer regelmäßig schulen (mind. 1x/Jahr Auffrischung)
- • Tempolimit festlegen (max. 10 km/h im Lager) und kontrollieren
- • Anfahrschaden-Meldepflicht einführen (auch bei Bagatellen!)
- • Wöchentliche Sichtkontrollen durch Schichtleiter
- • Prämiensystem: Schadensfreie Monate belohnen
✅ ROI-Rechnung: Lohnt sich Anfahrschutz?
Kosten Anfahrschutz: €150-300 pro Regalfeld (einmalig)
Kosten ein Anfahrschaden: €2.000-15.000 (Reparatur + Betriebsausfall + Warenverlust)
→ Anfahrschutz hat sich bereits nach 1-2 verhinderten Schäden amortisiert!
🚀 RegalScan dokumentiert Anfahrschäden in 60 Sekunden
QR-Code scannen → Fotos machen → Schaden kategorisieren → Fertig. Automatische Versicherungsmeldung inklusive. 48h-Frist? Kein Problem!